Kiebitzen eine Chance gegeben

Die Familie Kirchstetter bewirtschaftet in Anzenberg bei Massing einen Milchviehbetrieb im Haupterwerb. Obwohl es in der Landwirtschaft nur wenige ökonomische Spielräume gibt, legen sie viel Wert auf den Schutz der Artenvielfalt. So sollte auch für Nicht-Nutztiere ein Platz gefunden werden.

Beispiele dafür sind die Pflege von Feldgehölzen und die Anlage von Brutfenstern. Dazu haben sie sich aktiv nach Maßnahmen zur Unterstützung des Kiebitzes beim Landschaftspflegeverband (LPV) erkundigt, da nur durch das Zusammenbringen von Artenschutz und Landwirtschaft entsprechende Maßnahmen gelingen können.

Brutplätze sind rar
Der Kiebitz, manchmal auch Gaubitz, Gauwitzl, Gieß- oder Geißvogel genannt, ist sicher vielen bekannt. Aber seit einigen Jahren bleiben viele traditionelle Brutreviere verwaist. Sein typischer Ruf verstummt und seine gaukelnden Flugmanöver verschwinden zunehmend aus der Kulturlandschaft. Die Gründe für seinen Rückgang und Verschwinden sind vielfältig. Seine typischen Brutplätze, feuchte magere Wiesen mit lückigem Bewuchs, sind rar geworden, deswegen weicht er schon seit Jahren auf Äcker aus. Diese bieten ihm im Frühjahr zur Brutzeit einen ähnlich guten Überblick über das Gelände, um Fressfeinde rechtzeitig zu erkennen.
Gefahren im Feld
Zur gleichen Zeit wie die Brut findet aber auch ein Großteil der Ackerbewirtschaftung, vor allem im Maisanbau, statt. Die gut getarnten Nester können bei der Bodenbearbeitung und Ansaat leicht übersehen und versehentlich zerstört werden. Auch wenn die Nester markiert und kleinräumig umfahren werden, ist die Aufzucht noch nicht sicher. Nachts können Fuchs und andere Raubtiere besonders bei kleinen Brutvorkommen zu einem Totalausfall der Gelege führen, tagsüber sind die Küken wegen Wasser- und Futtermangel zu längeren Wanderungen gezwungen, die auch Gefahren bergen.
Adrian Wimmer arbeitet beim Landschaftspflegeverband Rottal-Inn. Neben anderen Aufgaben widmet er sich dem Wiesen- und Bodenbrüterschutz. Er unterstützte Familie Kirchstetter und beriet sie bei der Umsetzung. Dieses Projekt wird von der Regierung von Niederbayern mit Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert. Er führte aus, dass zum Teil schon ganz einfache Maßnahmen helfen können, aufwändigere oder solche mit finanziellen Einbußen dabei auch honoriert werden können.
Gelege ausfindig machen
Dazu bot er an die Nester mit Hilfe von Ehrenamtlichen zu suchen und zu markieren, damit diese bei den Bewirtschaftungsgängen ausgespart werden können. Einige Landwirte machen dies schon seit Jahren selbstständig, aber nicht jeder hat die Geduld oder das Auge dafür, die unscheinbaren Nester zu suchen. Umfährt man die Nester nur kleinräumig, trägt man zwar zum Schlupferfolg bei, verbessert aber die Lebensraumausstattung für die Küken nicht. Praktisch für die Kiebitzfamilie wären ca. 50 m² Schonbrache. Bei mehreren nahegelegenen Nestern kann das Umfahren sehr aufwändig werden, hier bieten sich flächige Maßnahmen an. Denkbar sind Kiebitzfenster von mindestens 0,15 ha, auf denen vom 15. März bis Ende Juli nicht bewirtschaftet wird, wie hier in Anzenberg.
Von Kiebitzfenster bis Kiebitzacker
Idealerweise haben solche Kiebitzfenster nasse Mulden, die ohnehin schwer zu bewirtschaften sind. Nimmt man einen ganzen Ackerschlag für ein Jahr aus der Bewirtschaftung, spricht man von einem Kiebitzacker. Neben dem Kiebitz unterstützt man damit auch der Bodenfauna, sowie anderen bedrohten Vogelarten wie Feldlerche und Wiesenschafstelze. Besonders für die Erstgelege kann auch eine Verzögerung der Maisansaat wirksam sein, es handelt sich dabei um eine Bewirtschaftungsruhe vom 15. März bis zum 19. Mai.
Diese flächigen Maßnahmen sind grundsätzlich auch honorierbar. Welche für eine bestimmte Fläche am sinnvollsten ist, kann in einem Beratungsgespräch geklärt werden. Auch kleine Veränderungen in der Betriebsstruktur, wie das Belassen von Feldrainen, Verkleinerung von Schlägen, Fruchtwechsel und Anbau von Sommergetreide mit weiterem Reihenabstand haben sich in vielen Wiesenbrütergebieten schon bewährt.
Brutplatz mit Wasserstelle
Familie Kirchstetter beobachtet schon lange die Kiebitz-Brutpaare, die bereits in der Vergangenheit regelmäßig auf ihren Flächen gebrütet haben. Michael Kirchstetter hat dann mit Unterstützung des (LPV) Landkreis Rottal-Inn heuer Kiebitz-Schutzmaßnahmen umgesetzt. Sie wollten etwas Neues ausprobieren, und Wiesenbrütern einen Brutplatz im Wintergetreide anbieten. Auf der Fläche in Anzenberg wurde im Frühjahr innerhalb einer feuchten Senke die bereits im Herbst ausgesäte Wintergerste nochmal gegrubbert, um für eine vegetationsarme Brutfläche zu sorgen, die auch gut angenommen wurde.

Wildlebensraumberatung

Die Wildlebensraumberatung am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unterstützt das Ziel Feldvögel und Wiesenbrüter zu schützen. Ruth Brummer ist Ansprechpartner und Berater für Landwirte konventionell und ökologisch wirtschaftender Betriebe, Jäger und Jagdgenossen, Imker, Verbände, Kommunen, Bürger sowie weitere interessierte Akteure. Sie unterstützt diese bei der Gestaltung und Umsetzung von geeigneten Maßnahmen zur Förderung typische Strukturen, Tier- und Pflanzenarten in der offenen Kulturlandschaft und in den Übergängen zum Siedlungsbereich.

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